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(blätter // Mittwoch, 11. Mai 2005, 12:38)

deine schuppige haut, die verkarstete blindheit, an der sich die zeit die lippen zerreißt, wenn du sie durch die gitterwelt schiebst, wird nachts ein alter tonscherbentunnel, den die farben durchziehen und der stetig flüchtige klang, der durch die ritzen nach außen dringt und versickert im flußbett der dunkelheit, wenn nicht, wie manchmal, du wach neben dir liegst, ihn einzuatmen: eine tagesration.

denn auf der kehrseite scheint die sonne, oder gibt vor zu scheinen, oder etwas gibt licht, das "sonne" zu nennen du eingeübt hast. da bringst du dich durch, trocknend und kauend, an der glätte vorbei, hinter die sich deine risse und drähte zurückziehen mit jedem morgengrauen. die welt ist ein echo, ein zerklüfteter ton, der aus allem dir zuwinkt: schau, das bist du! und hier, das bist du!

dich kümmert das wenig, du atmest ihn ein, du klebst nach einem dir fremden muster die fetzen an die gebogene mauer, die du als binnenmeer zu nehmen gelernt hast, ohne zu fragen (und wer gäbe dir antwort?), wie deiner hand wasser so fest zu greifen gelingt. nur manchmal streift deinen blick ein glitzerndes schweigen und mit plötzlichem schauder, dem gedanken an kälte, drehst du dich landwärts und breitest dein tuch aus, bedeckst deinen baugrund (sand allenthalben) und wartest darauf, daß das licht vom himmel dich, deine schuppen, wieder erwärmt.



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