und: r.a. wilson

(tunnel // Dienstag, 7. Juni 2005, 19:06)

irritiert: gestern nacht noch über e-prime gelesen und quer durch den tunnel text neu vernäht. heute aber sind alle änderungen verschwunden. operation mindfuck? die verbindung zu leary und dem begriff des realitätstunnels hätte ich sonst aber gar nicht entdeckt.

zwei regeln erproben:

  1. vorkommen des verbs "sein" in allen formen weitestgehend reduzieren, die verbleibenden als artefakte kennzeichnen, einschlüsse im tunnelfleisch. diskutabel: perfektkonstruktionen.

  2. aus der binnensicht des tunnelraums pronomen als einzelne entitäten betrachten und aus der konjugation lösen. das hätte eine große konzeptionelle logik, verfremdete aber das textmaterial noch weitgehender.

wie 1. feststellt, bestehen die tunnelwände ja aus fleisch, oder milchglasfasern, deren außenhaut sich wiederum mit lichtgeschwindigkeit vorwärtsschiebt. das macht sie so flüssig, ihre elektrizität. das heißt aber: fleischiges schreiben. mehr wuchern, verformungen, dichte der töne. aber die schrift hat keine töne! wie geht die tunnelsprache mit der tunnelschrift um, dem widerspruch zwischen fleischton und durchlässigkeit der schriftzeichnung? es gibt ja ein durchlässiges fleisch, dessen bedingungen wären zu studieren, sein reichen über den abgrund zwischen makro- und mikrophysik. hier läge ein verknüpfungspunkt zwischen tunnel und theater, mit dem körper des darstellers, durch den es auch weht, quer zur haut.




Bei Eris.


Die Verfemdung will mir nicht einleuchten, ist doch das Ziel eben dieser Konezption, die "Meta-Logik" der Gleichwertigkeiten zu erzeugen.


thesource, 07.06.05, 19:47


nicht einleuchten:


daß es eine verfremdung wäre (da müßte ich eigentlich erst definieren, wo die nicht-fremdheit läge in der sprache, bzw. ihre illusion) oder wofür sie gut wäre?


isore, 07.06.05, 19:52


Eine Definition


wäre hilfreich. Learys und Wilsons Konzept verzichten ja nicht auf Unterschiede oder sog. Fremdes. Sie verzichten auf Wertigkeiten, die außerhalb der Meta-Logik als fundamental gelten.


thesource, 07.06.05, 20:19


ins blaue geredet


ich weiß zu wenig über wilson/leary, bin ich erst heute drauf gestoßen (dieser ganze komplex, in den fall ich von immer anderen seiten hinein, in den burroughs zum beispiel vor einem jahr), aber ich bin gespannt, was der noch anstellen wird hier.

der tunnel ist (ideal) eine architektur, die sich beständig verschiebt, dehnt, windet, mit dem atem des lesens. das lesen befindet sich im tunnel, ebenso wie das schreiben (es gibt sowieso keinen großen unterschied zwischen beiden). in der jetzigen organisationsform von text kommt er eigentlich aus einer metapher für das selbst, die sich langsam aus räumlichen denkmodellen, einem bedürfnis nach verräumlichung entwickelte. thematisierung von wänden, membranen. ich seh das alles immer noch recht unscharf.

im tunnel kann ich kein subjekt behaupten, er ist dieser konstruktion vorgelagert. bezeichnungen wie "ich" und "du", eh immer schon sprachfiguren, stellen sich hier als gleichwertige entitäten dar, die auf der tunnelwand ihre bahnen ziehen.

wenn ich das sprachlich verwirkliche, also pronomen allesamt in der 3. person, als objekte, behandle, wird der text aber dem subjekt-gewohnten lesen fremd. das ist alles, was ich mit verfremdung meinte. andererseits steh ich hier vor einem problem: der gebrauch einer konjugierten verbform suggeriert ja immer noch, daß es die anderen formen noch gäbe, klammheimlich installiert sich ein autor/leser-"ich", das umso sicherer sein kann, als es in der grammatik des textes nicht explizit vorkommt. was soll ich dann tun? in figuren mit namen umwandeln, vielleicht. oder auf infinitive ausweichen? dann kann ich selbst ja kaum noch verstehen, was da geschrieben steht.

aber vielleicht geht es ja darum. und andererseits stammen die alten texte, mit denen ich momentan den tunnel tapeziere, aus einem ganz subjektiven schreibstil. den werd ich ja nicht so schnell los. ich verordne mir gerade eine schreibweise, eine neue sprache, die ich nicht ansatzweise beherrsche, deren implikationen ich auch nicht erfasse. das heißt, es kann auch alles nur blödsinn sein, eine idee, die nirgendwohin führt, weil ihr der klare ausgangspunkt fehlt oder sie die wohnqualität zu verbessern versucht, indem sie die türen zumauert und durch die fenster klettert, statt... hm. nur die möbel umzustellen oder das haus abzureißen und ein neues zu bauen?


isore, 07.06.05, 21:22


Von Leary


empfiehlt sich das leider vergriffene "Exo-Psychologie", später umbenannt zu "Info-Psychologie".

Zur sprachlichen Problematik: Ein Instrumental im Deutschen - das wärs. Auch bei dem (gar nicht nutzlosen) eventuellen Weg "ins Nirgendwo".


thesource, 13.06.05, 15:17

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