Es hat durchaus den Anschein, daß zum Vergnügen ein gewisser Zwang gehört, um die Opposition der Langeweile und des Überdrusses nicht aufkommen zu lassen. Daraus kann man verstehen, daß auch das Theater, ein je reineres Vergnügen es wurde, ein desto mäßigeres geworden ist, und dieser Zustand zwischen Lachen und Gähnen, Reizung und Apathie ist ja genau jener latente Zustand eines Daueruntergangs, in dem sich unser Theater häuslich eingerichtet hat [...]. Es ist die Annäherung an den Zustand des reinen Vergnügens, das sich auf ein Abwechslungsbedürfnis in einer umfassenden Langeweile reduziert. Ihn hat unsere Epoche ausgebildet; sie fügte ihm als "Zerstreuung" noch ein sozialhygienisches Moment bei, aber die Anteilslosigkeit ist das vorherrschende Gefühl im Publikum, es nimmt das Theater als Vergnügen gerade noch hin. Die psychologischen WIrkungen eines solchen Zustands sind aber die aller Abspannungszustände. Sie bewegen sich in kleinem Schaukeln um einen Nullpunkt lange hin und her, was leidlich angenehm ist, wenn sie aber schon unterbrochen werden, dann wollen sie aufgerüttelt sein. Deshalb läßt sich das Theaterpublikum von kleinen Variationen des längst Dagewesenen schläfrig befriedigen, erweist sich aber auch dankbar für starke Reize, ohne sie ernst zu nehmen.
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