p.s.

(prosa // Freitag, 24. Dezember 2004, 16:57)

[...] war jedenfalls schön, mal etwas positives von dir zu lesen, soweit man etwas positives schreiben oder lesen kann. ich sitz in wien, meine mutter ist für weihnachten hier, am 27. gehen die proben weiter, am 31. für zwei tage nach berlin für verboten viel kerosin-und-stahl-geld, weil mich die aussicht auf ein silvester-alleine-mit-viel-rauschmitteln-experiment doch nicht so entzücken konnte. proben und theater und schauspieler und ich, das ist alles sehr merkwürdig und schwer zu beschreiben, mal gut, mal schlecht, meistens im hochnebel.

aus den boxen kommt neben mozart auch meine körperlose mitbewohnerstimme, irgendein amerikanischer oder norwegischer geheimdienst, dessen frequenz unerklärlicherweise genau diese wohnung trifft und in unregelmäßigen abständen ihre verschlüsselten nachrichten absetzt. vielleicht sind es auch die nordkoreaner, an deren botschaft (!) mein schulweg vorbeiführt, wo s. und ich immer bemerkungen über kim il sung und kim jong il machen, die bestimmt abgehört werden. auf der szene versuche ich, geheime botschaften mit mir unbekanntem inhalt zu inszenieren, die mein hirn aus dem andromedanebel empfängt.

über die zukunft mach ich mir so wenig gedanken wie über die vergangenheit, weil beides gar nicht existiert und mich also an meinem ebenfalls inexistenten allerwertesten lecken kann. leben ist schwierig, sobald einem wieder einfällt, daß noch menschen außer mir existieren, vor allem dumme hübsche frauen, die nichts von mir wissen wollen oder erfolgreiche schmocks, die aus ihrer fähigkeit, geld aus ihrer fähigkeit, geld aus ihrer fähigkeit, geld aus sich zu schlagen zu schlagen, zu schlagen, geld schlagen.

ich hier schaff es nicht, mich zu entspannen. mein brustbein zuckt immer im takt dieser dialoge und der schwierigkeiten beim proben in diesem talentkrematorium, das sich max-reinhardt-seminar nennt, und ich krieg es nicht ruhiggestellt vor ende januar, fürchte ich. "fürchtet euch nicht" hat ja wohl der engel zu den hirten gesagt, zu den schafen mußte ers nicht sagen, weil die sich nicht so schnell ins bockshorn jagen lassen von ein paar licht- und soundeffekten und ich denk immer, es wär karfreitag, vielleicht, weil wir fisch heute gegessen haben, lachssteaks auf einem bett von zitronenlauch an gerösteten erdäpfelvierteln und honigsafransahne. essen hilft immer am besten, das massiert den körper so schön langsam durch. [...]



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