wenn es ihnen möglich wäre

(selbst // Samstag, 9. April 2005, 18:46)

Nun möchten wir Sie bitten, an die Persönlichkeit Ihrer IDEALEN Fahrzeugmarke zu denken.

Wenn es Ihnen möglich wäre, Persönlichkeitszüge für Ihre IDEALE Fahrzeugmarke aus der unten stehenden Liste auszuwählen, welche Attribute wären am zutreffendsten für die Markenpersönlichkeit? Bitte berücksichtigen Sie das Budget, das Sie zur Verfügung haben.

HILFSBEREIT LANGLEBIG VERTRAUENSVOLL AUSDRUCKSSTARK JUNG COOL




Im Grunde wäre


es desinteressiert und somit: Langlebig.

Womit Desinteresse an allem gemeint ist, das den herrschenden Status Quo (alles intakt) determinierte.


thesource, 10.04.05, 03:38


Marken h a b e n Persönlichkeit


Die wirklich wunderliche Blume auf dem Grab des Hundes in der Fragestellung ist: das IDEALE. Wer Persönlichkeit hat, mag selbst Ideale haben, ist es sehr selten aber selbst.


leb, 10.04.05, 09:11


Der ideale Persönlichkeitszug


für eine Automarke, wie ich sie mir vorstelle wäre: langlebig. Und dies weil desinteressiert an allem außer dem eigenen Intaktsein. Sie sehen: Ich sehe die Maschine als "Sklaven" an. Ein Fortbewegungsmittel. Langlebig, bitte.


thesource, 10.04.05, 12:45


persönlichkeit i s t eine marke


und wird, denke ich, nicht "gehabt", sondern produziert, selbsterzeugung in einen gesellschaftlichen wertungsraum hinein. ein "persönlichkeitszug" wäre also eine art algorithmus der selbsterschaffung - das beispiel des desinteresses, aus dem stabiles weiterleben (weitermachen?) folgert, finde ich da ganz treffend.

spannend einerseits, wie dieses grundsätzliche (und beunruhigende) maschinelle desinteresse zu verkaufszwecken mit sozialeren "eigenschaften" maskiert wird und sich damit rückwirkend als heimlicher bodensatz von "persönlichkeit" mitverkauft. das heißt: wenn ich eine weile produkte als menschen anspreche, werde ich auch anfangen, menschen als produkte zu behandeln. das haben wir ja schon.

andererseits interessant, wie so eine umfrage vielleicht nicht mehr nur das selbstbild der befragten erhebt ("image" und "persönlichkeit" werden hier quasi austauschbar benutzt), sondern möglicherweise tatsächlich eine übertragung vom auto als ausdruck meiner "persönlichkeit" (oder, auch schön: meiner "individualität") zum auto als eigenständig phantasiertem partner stattfindet. da wird ein bestimmtes klassifikationsschema geliefert:

Die meisten der folgenden Fragen befassen sich mit einer Auswahl von Automobilmarken. Wir möchten, dass Sie sich vorstellen, dass jede dieser Marken eine Person wäre. Dies mag ungewöhnlich klingen, aber denken Sie dabei an menschliche Charakterzüge, die mit jeder dieser Marken verbunden sind.

Sie könnten zum Beispiel denken, dass die menschlichen Eigenschaften, die man mit Coca Cola verbindet, vertrauenswürdig, klassisch, sanft, bodenständig und selbstbewusst sind. Bei Pepsi Cola könnten Sie die menschlichen Eigenschaften herausfordernd, jung, innovativ, rebellisch sehen. Wir sind daran interessiert, welche menschlichen Züge oder Eigenschaften Ihnen in den Sinn kommen, wenn Sie an eine bestimmte Marke denken.

(wer bei beidem nur "cola" denkt, den hat der zeitgeist wohl schon vor einer weile abgehängt) und dann folgt die bewertungsliste, die wesentlich ausführlicher ist als das, was einem für das IDEAL dann zur verfügung steht:

Männlich Unabhängig Unbeschwert Empfindsam Ausgeglichen Erfolgreich Vertrauensvoll Seriös Klassisch Spontan Verführerisch Gebildet Jung Friedfertig Selbstbewusst Innovativ Anspruchsvoll Ausdrucksstark Leidenschaftlich Freundlich Aggressiv Extrovertiert Cool Oberklasse Abenteuerlustig Wild Anführer Ruhig Sportlich Familienorientiert Bestimmt Bullig Vergnügungsliebend Praktisch Begeisternd Rauh / Robust Kompetent Intelligent Extravagant Unkompliziert Zäh / Widerstandsfähig Ansehnlich Luxuriös Hilfsbereit Langlebig Aufrichtig Ehrlich

man kennt das ja von kontaktbörsen, nur daß eine maschine aus desinteresse sich ihrem image nicht widersetzen wird, also tatsächlich als partner IDEAL ist, so wie ein bild keine realität besitzt. über den umweg vielleicht über das haustier wird das, was man mit den eigenen wünschen an das soziale zu verwechseln genötigt wird, käuflich. mir scheint die ganze entwicklung von technologien und ihrer verwertung, des handels mit ihnen, durch einen ständigen prozeß der ersetzung von körperlichkeit die leerstelle dort, wo man immer mal wieder menschlichkeit vermutet hat, stetig zu vergrößern, wie unter einem mikroskop wächst da eine abwesenheit. je mehr ich von idealen partnern umgeben bin, die mein (vermeintliche) "persönlichkeit" so gut und kontrastreich zur geltung bringen, desto mehr werde ich im bildsein verschwinden.

(bemerkenswert auch: zuallererst wird die automarke dort als "männlich" kategorisiert, wogegen der klassische (männliche) auto- oder motorradfahrer seine maschine doch in der regel als eine weibliche ansprach.)


isore, 10.04.05, 13:12


Hochinteressant.


Gestatten Sie die Bemerkung, dass dieses "Automania" m. E. eine sehr "deutsche" Angelegenheit ist, die sich - mit den als Hochklasse geltenden - deutschen Autos über die Welt verbreitet hat. (Ich gehe jetzt hier bewußt nur auf den Aspekt Auto ein, bez. Ihrer Anmerkungen: Produkt-Persona, Persona-Prudukt besteht Konsens). Dann ist es des Weiteren eine "männliche" Angelegenheit, auf subtile Weise mit Potenz (bzw. ihrer Demonstration) verbunden, dann erst mit Status. So plattitüd sich das anhören mag, so simpel ist es auch. Nun bin ich eine Frau und dazu nicht deutsch - ganz schlicht betrachte ich das Automobil als ein Fortbewegunsmittel... und doch habe ich schon zu Autos von Freunden gesprochen, wenn diese nicht anspringen wollten. Ich rede auch mit meinem Computer, wenn er zickt, oft sogar erfolgreich. Somit erachte ich die Personifizierung von Gegenständen als einen "weiblichen" Zug. Wissen Sie, ich habe nicht einmal einen Führerschein und bevorzuge das Fahrrad. Und doch schrieb ich kürzlich auf einem anderen Blog, zu einem kurzen Aufflackern des Themas "Wunschdenken", nachdem jemand einen Lambourgini erwähnte, prompt: Maserati Quattroporte. Und setzte den entsprechenden Link zu Maserati. Erwischt. *schmunzelt

Und dann: Der Mann und seine Geliebte, das Auto. Welches sich mit "männlichen" Merkmalen jedoch besser verkauft als mit "weiblichen". Ein Schachtelmännchen in einem Schachtelmännchen. Mir wirft sich spontan die Frage auf: Wenn nicht auf die Geldmittel geschaut werden müsste, wählten dann Frauen das Auto nach dem Wunsch, wie der ideale Partner zu sein hätte? Bei mir jedenfalls käme das mit dem Quattroporte dann hin.


thesource, 11.04.05, 10:37



ich erinnere mich an die twingo-werbung: ein lustiges, buntes, kleines, rundliches auto mit frauen als käufergruppe. und die ganzen bmws, audis und hastdunichtgesehen auf der anderen seite. "männlich" waren sie aber immer alle, oder die maschine, die das auto ist, wird zum mann, sobald die namen vergeben werden. obwohl mercedes eigentlich eine frau ist. scheinbar geht man davon aus, daß niemand gerne ein auto hätte, das sich "wie eine frau" verhält.

vielleicht: ein partner für frauen (dem man auch mal gut zureden kann), ein sklave für männer (den man höchstens beschimpft, wenn er nicht tut, was man will. und den man am besten selbst zusammengebaut hat). das erzählt dann einiges über unterschiedliche strategien im umgang mit anderen.

(obwohl man da mit den fluchttendenzen in das auto hinein und mit dem auto möglichst weit weg noch anderes vermuten könnte).

es gab von stephen king eine erzählung über ein weibliches auto, daß eifersüchtig wird und alle freundinnen des besitzers umbringt und am schluß ihn selbst. andersherum existieren diese fantasien aber auch - eifersüchtig auf das auto meines partners: wer möchte sich schon gerne mit der beschränkten perfektion eine maschine messen lassen?


isore, 11.04.05, 11:13

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