der autor

(blätter // Montag, 5. März 2007, 22:17)

istván vas schrieb mit vorliebe in unlinierte quarthefte, dutzendware mit einem deckblatt aus grauem altpapier und aufgeklebten etikett, auf dem man den inhalt des heftes vermerken konnte. bis zu seinem 36. lebensjahr hatte er eine beachtliche menge dieser hefte vollgeschrieben: längere und kürzere prosatexte, entwürfe für erzählungen, miniaturen, aphorismen und die für ihn charakteristischen elliptischen gedichte, die er vorwiegend auf reisen niederzuschreiben pflegte. alles das natürlich voller striche, korrekturen, querverweise, abbrüche, randglossen, markierungen für geplante veröffentlichungen und dergleichen. wir können bis heute nicht mit gewissheit sagen, was ihn dazu brachte, dann so unvermittelt mit dem schreiben aufzuhören.

vielleicht war es der tod seiner mutter, der in diese zeit fiel und ihn, wie seine frau und enge freunde später berichteten, schwer getroffen hatte, ihn über monate hinweg förmlich zu lähmen schien. vielleicht war es der punkt seiner künstlerischen entwicklung, an dem er mit seiner letzten, nie veröffentlichten erzählung "abschreibung" angelangt war - über die er sich bis zu seinem tragischen ende beharrlich ausschwieg. vielleicht auch hatte er wirklich jene "offenbarung", von der er in einigen der immer seltenen intervies sprach, also eine art epiphanie oder erkenntnis, die ihm den weiteren weg wies. solange wir nichts davon mit bestimmtheit ausschließen können, werden wir annehmen, daß es das zusammenwirken mehrerer momente war, das die vielfältigen entwicklungslinien im leben istván vas' im herbst des jahres 1974 auf eine weise zusammenführte, die seine schreibweise so radikal zu ändern vermochte.

denn die formulierung: "mit dem schreiben aufzuhören" ist natürlich irreführend, istván vas legte in den folgenden jahren großen wert auf die feststellung, daß er durchaus nicht das schreiben "aufgegeben" habe, wie es in den zeitschriften, die damals noch über ihn und sein werk berichteten - einige, wie man nun sagen muß: "reguläre" veröffentlichungen waren nicht unbeachtet geblieben, einige preise hatten das ihrige getan, ihn für die presse interessant zu machen -, gerne bezeichnet wurde. nichtsdestoweniger tat sich der literaturbetrieb mit istván vas' neuer "produktion" schwer; seine angebote, auch die neuen arbeiten zu veröffentlichen, stießen entweder auf achselzucken oder eher noch auf jene reaktionen, die menschen an den tag legen, wenn sie nicht ganz sicher sind, ob man sie nicht etwa vorzuführen versucht.



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